Russland und China intensivieren Handel und politische Beziehungen. Entgegen dem geostrategischen Kalkül Saudi-Arabiens
Auch durch die von Saudi-Arabien erzwungenen, niedrigen Ölpreise auf dem Weltmarkt ist Russland nicht in die Knie zu zwingen. Statt dessen hat Moskau neue Marktanteile, insbesondere in China gewonnen. Laut Angaben der chinesischen Zollverwaltung sind 2014 die saudischen Lieferungen an Peking von 55 auf 50 Millionen Tonnen zurück gegangen, während die russischen auf 34 Millionen Tonnen gestiegen sind, was eine Verdopplung seit 2010 darstellt.
Dieser Exporterfolg hat Russland geholfen, die westlichen Sanktionen abzufedern. Zugleich aber ist er Ausdruck einer inzwischen weit über die Bereiche Energie, Handel und weiterer wirtschaftlicher Zusammenarbeit hinausgehenden Partnerschaft zwischen Peking und Moskau. Diese schließt die gemeinsame strategische Ausrichtung zur Eindämmung militärisch gestützter Expansionsabenteuer westlicher Imperialisten mit ein. Letzteres äußert sich u. a. im koordinierten Abstimmungsverhalten Russlands und Chinas im UN-Sicherheitsrat.
Teil dieser russisch-chinesischen Gesamtstrategie sind auch die gemeinsamen Anstrengungen zur »Entdollarisierung« des internationalen Handels. So werden ab Januar die russischen Öl- und Gasverkäufe an China sowie andere Handelsaktivitäten zwischen den beiden Ländern weitgehend in Rubel oder Yuan abgewickelt, statt wie bisher in US-Dollar. Zugleich gewinnen die Handelsbeziehungen zwischen den beiden Länder durch ihre Unabhängigkeit vom Dollar an Stabilität.
Denn in den zurückliegenden Jahrzehnten haben die immer stärkeren Wechselkursmanipulationen des US-Dollars durch die US-Notenbank einen verheerenden Einfluss auf Länder innerhalb des sogenannten Dollar-Bereichs gehabt, was sich ganz aktuell wieder einmal durch die schweren Krisen in den meisten Entwicklungs- und Schwellenländern – von Brasilien bis Kasachstan – manifestiert.
Der wachsende Verlust von Marktanteilen in China stellt für die islamistischen Feudalherren in Riad nicht nur ein kommerzielles Ärgernis dar. Denn neben Öl ist islamistischer Terror ihr Hauptexportartikel, und die Chinesen sind derweil wegen zunehmender Terroranschläge salafistischer Gewaltextremisten in ihrer Westprovinz Xinjiang beunruhigt.
Die stärkere geopolitische Zusammenarbeit Chinas mit Russland im Mittleren Osten, u. a. bei der Bekämpfung der von Saudi-Arabien gesponserten Terroristen, macht wiederum den Herrschern in Riad große Sorgen: etwa Pekings Unterstützung der russischen Syrien-Politik, seine Verurteilung der kriminellen und abenteuerlichen Eskapaden der türkischen Regierung und nicht zuletzt die guten Beziehungen, die Peking und Moskau zum saudischen Erzfeind Teheran pflegen. Und aus Sicht Riads wird diese Entwicklung verstärkt, je geringer Pekings Abhängigkeit von Öl aus Saudi-Arabien ist.
Die Tatsache, dass voriges Jahr die Saudis trotz Überangebot und sinkenden Preisen ihre Ölproduktion gesteigert und so die Preise noch weiter nach unten manipuliert haben, wird von vielen als eine hauptsächlich gegen Russland gerichtete Maßnahme gesehen. Moskau war nicht auf das Angebot eingegangen, gegen das Versprechen der Scheichs von umfangreichen Waffenkäufen in Russland die Unterstützung der Assad-Regierung fallenzulassen. Damals schrieb die New York Times bezüglich der Syrien-Frage von »diplomatischen Vorteilen« des enormen Rückgangs des Ölpreises.
Aber für Riad ist diese Strategie nach hinten losgegangen, in mindestens dreierlei Hinsicht: Erstens hat Saudi-Arabien mit einer Finanzkrise und einem Haushaltsdefizit von 20 Prozent des BIP allein dieses Jahr zu kämpfen. Das hat das reiche Land zum Schuldenmachen gezwungen. Zweitens hat sich Moskau geweigert, seine Unterstützung für die Regierung in Damaskus aufzugeben und ist ihr statt dessen höchst effizient militärisch zu Hilfe gekommen.
Und drittens hat Russland ebenfalls seine Ölproduktion laut Bloomberg »in einem Tempo« erhöht, das es »seit dem Zusammenbruch der Sowjetunion nicht mehr gegeben hat«. Dabei habe geholfen, dass – so Bloomberg – die russischen Produktionskosten per Fass, dank der Aufwertung des Dollar gegenüber dem Rubel, weit unter denen westlicher Konzerne wie Total, Exxon oder BP liegen.